Der Produzent, Filmkomponist und Multiinstrumentalist Marco de Angelis legt sein zweites Album vor. Das schwierige zweite Album. Er lässt sich dabei von einem italienischen Drummer der Extraklasse und einer Saxophonistin begleiten. Und natürlich von 3 Sängern, die jedem bekannt sein dürften. Die Musik erinnert mal an Genesis der frühen Tage, Pink Floyd, Marillion, Roger Waters oder, für die jüngeren Progfans Porcupine Tree. Dabei bleibt er aber zu jedem Moment seiner eigenen Linie treu, er kopiert keine Melodien. Im Gegenteil: man merkt, dass er hier wirklich etwas Neues schafft. Ohne seine Wurzeln zu verleugnen. Natürlich bleibt sein Stil Retroprog in modernem Gewand und somit klingt die CD vertraut. Was man ja bei der Wahl seiner Mitstreiter schon ahnen kann.

Nad Sylvan, Ex-Sänger bei Steve Hackett und seit 2,3 Jahren auch Solokünstler und Vollprofi, drückt den 3 ersten und von ihm gesungenen Tracks seinen Stempel auf. Besonders das lange und spannende A PROGGY NIGHT IN LONDON überzeugt durch seine fließende Art und Weise und seine perfekt passenden Wendungen. Dazu kurze und prägnante Soli auf Keys und Gitarre.

Robbie Wyckoff aus der Roger Waters Band ist da dezenter mit seiner angenehmen, aber unauffälligeren Stimme. BACK AGAIN ist eine Ballade mit einigen überraschenden Momenten und überzeugt. Es folgt der Titeltrack NEXT STATION. Langer Instrumentalteil, orientalische Klänge. Der Song besitzt Potential und Marco de Angelis entführt den Progfan in sein mystisches Reich mit seiner Gitarre und seinen wohl dosierten Keys. Dazu ein schräges Saxophon. Wer da nicht an die 4 Herren aus Cambridge denkt.....

Göran Edman ist Sänger bei Karmakanic. Live eine Wucht, hab ihn 2017 mal gesehen. Er singt den Schlusstitel LAST TRAIN, der sehr an Roger Waters erinnert.

Marco de Angelis erschafft hier ein grundehrliches und sauberes Retroprogalbum. Seine Kompositionen sind strukturiert und durchdacht, schaffen Atmosphäre und erlauben es dem Hörer tief dort einzutauchen. Klar muss man den Prog der 70'er mögen, das ist absolute Voraussetzung. Die Musik ist ruhig, dann wieder mal nervöser. Allgemein jedoch herrscht eine floydige Atmosphäre, obschon ich den Begriff nicht so mag. Dabei geht es weder zu Keyboard-lastig wie bei einigen anderen Bands, noch zu Gitarren-lastig zu. Alles ist wohl dosiert und die Klangqualität ist aller Ehren wert.

Ein Kritikpunkt bleibt aber die auf Dauer etwas blutarme Vorstellung, wenn man das Album konzentriert am Stück hört. Da fehlen dann doch die einprägsamen Melodien. Obschon die Songs einzeln gesehen keine Schwächen aufweisen, ist der Gesamteindruck doch etwas lahm. Dennoch. Für Retroproganhänger lohnt es sich mal anzutesten.


9/15

Marc Colling


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